Klimawandel nicht umzukehren

Klimawandel nicht umzukehren

Prof. Terry V. Callaghan hielt aufrüttelnden Vortrag mit sehenswerten Bildern

Dr. Stefan Reißner (l.) und Jutta Eckert (r.) bedankten sich bei Prof. Terry V. Callaghan für seinen aufrüttelnden und anschaulichen Vortrag. Foto: win

Auch wenn die Eisschmelze den Zugang zu Öl und Gas vereinfacht, wird sie vielen Menschen zum Nachteil gereichen, so das Fazit des Referenten.

win Olpe. Dramatische Bilder, aufrüttelnde Worte: Der Vortrag, den die beiden Olper Lions-Clubs anlässlich des 100-jährigen Bestehens von „Lions International" organisiert hatten, prägte sich ein. Referent Prof. Terry V. Callaghan erwies sich als Glücksgriff.

Die beiden Präsidenten der Olper Lions-Clubs, Jutta Eckert (Lions-Club Olpe am Biggesee) und Dr. Stefan Reißner (Lions-Club Olpe-Kurköln), hatten rund 300 Zuhörer in der Olper Stadthalle begrüßt, nachdem die Bläsersolisten der Camerata Louis Spohr aus Düsseldorf den Vormittag musikalisch eröffnet hatten. Unter den Zuhörern waren die Bürgermeister der drei Kommunen, in denen die beiden LionsClubs aktiv sind, Olpe, Wenden und Drolshagen, sowie Landrat Frank Beckehoff. Dieser sowie Bürgermeister Peter Weber (Olpe) richteten Grußworte an die Gäste und lobten darin den Einsatz der beiden Lions-Clubs, von dem viele Menschen in der Region profitierten. „Die Lions zeigen den Gemeinsinn, ohne den unsere Gemeinschaft nicht weiterkommt", so Weber.

Dann übergab Reißner das Wort an den Redner des Tages und schaltete dabei auf Englisch um. Prof. Callaghan, renommierter Klimaforscher und als Mitglied des Weltklimarats seit 2007 Mitträger des Friedensnobelpreises, ließ schmunzelnd als einzigen deutschen Satz erklingen, dass er kein Deutsch spreche. Zunächst dankte er seinen Gastgebern und betonte, wie herzlich er in Olpe aufgenommen worden sei und wie sehr ihm die Umgebung gefalle.

In seinem Referat zeigte er in Wort und Bild die weltweiten Folgen der Eisschmelze in der Arktis. Dabei sprach er Klartext: Der Klimawandel sei vom Menschen beeinflusst. Auch wenn die Folgen des Klimawandels weltweit zu bemerken seien, sie machten sich dort am stärksten bemerkbar, wo Eis und Schnee die natürliche Umgebung bilden. Die Klimaschutzziele habe die Weltgemeinschaft bereits jetzt verfehlt, höchstens 2 Grad Anstieg seien angepeilt worden, 2,7 Grad seien es bereits jetzt. 3,5 Mill. Quadratkilometer Meereseis seien geschmolzen.

Neben vielen Nachteilen - er zeigte dramatische Bilder von Eisabbrüchen in der Größe amerikanischer Millionenstädte, gewaltige Eisberge, die schmelzen, Tiere, die durch Unwetter sterben - gebe es auch Vorteile, etwa erheblich vereinfachte Schiffspassagen durch ehemals zugefrorene Meere. Dr. Everard Braganza, der den Kontakt zwischen den Olper Lions und dem Referenten möglich gemacht hatte, hatte in einer Nachtschicht die erklärenden Texte der Bilder ins Deutsche übertragen.

Die Schnee- und Eisschmelze sei doppelt dramatisch, einerseits, weil das nicht mehr gebundene Wasser die Meeresspiegel anhebe. Andererseits reflektierten Eis und Schnee das Sonnenlicht („Albedo"), während Wasser, Erde und Gestein es aufnehme und somit die Klimaerwärmung weiter vorantreibe.

Dramatisch auch die Folgen für Permafrost-Regionen: Weil der eigentlich dauerhaft gefrorene Boden auftaue, stürzten Häuser und Straßen zusammen, Seen trockneten aus.

Die Wissenschaft sei immerhin so weit, dass man den Einwohnern von Florida recht sicher voraussagen könne, wann sie wegziehen müssten.

Für viele werde der Klimawandel Vorteile bringen, etwa der Industrie, die einen einfacheren Zugang zu den Öl- und Gasreserven und kürzere Schiffspassagen nutzen könne, aber die Mehrzahl der Menschen werde die Nachteile ertragen müssen, und das sei eine gewaltige Migration von Klimaflüchtlingen, die zu erwarten sei.

Zahlreiche Zuhörer nutzten die Gelegenheit, Detailfragen an den Wissenschaftler zu stellen, die dieser ausführlich und tiefschürfend beantwortete. Mehrere bewegte die Frage, ob der Klimawandel denn aufzuhalten sei. Nein, so Callaghan, dafür sei es zu spät. Die Welt müsse damit leben. Um den Klimawandel zu bewältigen, sei wissenschaftliche Diplomatie nötig, was bedeute, dass die Nationen sich gegenseitigen Zugang zu ihren Forschungsergebnissen gewährten und an den Klimafolgen so arbeiteten, wie etwa an Bord der internationalen Raumstation ISS gearbeitet werde. Langer Applaus beendete den Vortrag, der mit einem abschließenden Musikstück der Camerata Louis Spohr zu Ende ging. Mit einem Strauß Blumen für seine Partnerin und regionaltypischen Leckereien sagten die beiden Lions-Präsidenten Dank an den Referenten, der nicht nur kostenlos auftrat, sondern sogar seine Reisekosten selbst übernommen hatte und damit deutlich machte, dass er in einer Herzensangelegenheit gesprochen hatte.

Siegener Zeitung, 17. 10. 2017